Wirkgeschichte
Mit 13 jede Menge Müll bewegen
Gemeinsam die Umwelt besser werden lassen, eine Gegenbewegung zur Wegwerf-Gesellschaft sowie mehr Verantwortungsbewusstsein schaffen: Das waren die Ziele des Projekts der dreizehnjährigen Lara in Mecklenburg-Vorpommern.
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Lara wohnt in einem Dorf mit 38 Häusern inmitten von Wiesen und Feldern, nah am Waldrand. Und trotzdem war es der Müll, der sie auf ihre erste eigene Projektidee brachte. Denn den gibt es auch in ihrem Dorf Sandhagen, wo die Erlebnispädagogin Steffi Blankenhorn und ihr Mann den Kulturbauernhof hoblaho betreiben.
Bewusstsein für Umwelt und Müllvermeidung entwickeln
Unterstützt von der 19-jährigen FSJlerin Naomi und dem großen Erfahrungsschatz von Steffi und hoblaho im Rücken, hat sich die 13-Jährige ans Werk gemacht und auf dem Hof ihr Projekt „Grüner kann‘s mit Müll nicht werden“ gestartet.
Gedacht war es als Monatsprojekt für 15 Kinder im Alter von acht bis elf Jahren. Finanzielle Unterstützung kam vom Programm Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit. An vier Samstagen im Mai und Juni 2023 entwickelte die Gruppe unter der Leitung von Lara und Naomi ein Bewusstsein für die Umwelt rund um das Thema Müll. Wie können wir unsere Umgebung grüner und müllfreier werden lassen? Das überlegten die Mädchen und Jungen gemeinsam. Sie erkundeten bei Ausflügen in die Natur viele Möglichkeiten und sammelten Ideen.
Mit Beteiligung von Korbinian, Eva, Hanna und vielen anderen Kids aus der Umgebung von Sandhagen ist auf hoblaho zum Ende der Projektlaufzeit eine Insektenwiese und ein Bienenhotel entstanden. Dazu wurde die Wiese am Rande der Pferdekoppel mit vereinten Kräften in langer und manchmal ganz schön harter körperlicher Arbeit von Wurzelwerk und anderen „Fundsachen“ befreit. Die Kinder organisierten sich die nötigen Materialien selbst aus dem Wald bzw. aus Restbeständen des Hofes und aus eigenem Müll – und zauberten daraus ein Refugium für Bienen und Insekten.
Es fühlt sich sehr gut an, auch mal unter Leuten zu sein, die man vielleicht noch nicht kennt und [wo man] vielleicht auch neue Freundschaften schließen kann. Und es ist besser, in der Gruppe zu arbeiten als alleine.“
Hanna
Projektteilnehmerin
Auch die gemeinsam verbrachten Pausen mit leckerem Obst und Gemüse oder auch selbstgebackenem Brot haben dazu beigetragen, dass vier tolle Wochenenden zu einer bleibenden Erinnerung wurden. Dass in Laras Müllprojekt jede Menge Jugendbeteiligung steckt, erläutert Erlebnispädagogin Steffi Blankenhorn: „Es geht darum, junge Menschen zu erreichen. Aber vor allem auch darum, dass sie erleben, dass sie was gestalten, dass sie was planen, dass sie was durchführen können. Und damit auch Erfolg haben.“ Lara hat so mit ihrer zupackenden und trotzdem achtsamen Art, einer großen Portion Gestaltungswillen und der Ermutigung durch das Hofteam ihr erstes eigenes Projekt auf die Beine gestellt.
In krisenreichen Zeiten merken: Hey, ich kann ja was bewegen!
Kinder und Jugendliche verändern ihre Sicht auf Probleme die ihre Lebenswelt betreffen, wenn sie von ihren erwachsenen Bezugspersonen ernstgenommen werden und ihnen etwas zugetraut wird. Sie sind mit aktuellen ökonomischen, sozialen und ökologischen Problemen grundsätzlich vertraut. Während sie jedoch zunächst nicht glauben, dass sie in der Lage sind, an den Problemen auch etwas zu verändern, stärkt sie das Tun, die Umsetzung ihrer Impulse und ihrer Ideen in ihrer Selbstwirksamkeitserwartung.
Das bedeutet, dass Beteiligung insbesondere in krisenreichen Zeiten ein wirkungsvoller Hebel ist, um mit Problemlagen umzugehen. Um eine demokratische Gesellschaft zu gestalten, braucht es genau diese resiliente Haltung, das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Dies und mehr fasst u.a. der Evaluationsbericht zum Zukunftspaket 2023: Beteiligung wirkt! zusammen.

Lara und ihre Mitstreiter:innen waren nicht immer einer Meinung. Laras Team musste lernen, sich zu streiten, Motivationslöcher zu überwinden, auch mal Rückschläge einzustecken, wenn etwas nicht sofort klappte. Wenn Teile der Gruppe vielleicht lieber auf der Wiese liegen oder Fußballspielen wollten, anstatt den Bauplan des Bienenhotels weiter zu zeichnen oder den Acker zu Ende zu pflügen, wenn die Junisonne brannte.
“Hey, trau Dich und probier’s aus und such Dir ‘nen guten Ort, wo man vielleicht sowas machen könnte! Lass Deine Ideen möglich werden und die erweitern sich von selber”, ermuntert Lara am Ende ihres erfolgreichen Projekts trotz aller Schwierigkeiten andere, es ihr nachzutun und sich zu beteiligen. Was sie durch ihr Projekt erfahren hat: Wir sind in der Lage, uns zusammen Ziele zu setzen und die aus eigener Kraft zu erreichen. Ich sehe Probleme in meiner Lebenswelt und es ist möglich, sie mutig anzugehen. So können wir eine offene Gesellschaft gestalten und schützen. Natur und Tiere inklusive.
Bienenwiese und Insektenhotel sind seit Mai 2023 auf dem Kulturhof zu bestaunen. Alpakas, Ziegen, Hunde, Katzen und ihre Menschen heißen Gäst:innen immer herzlich willkommen! Jede Menge weitere Projekte von und mit Jugendlichen finden sich auf der Webseite Projekte & Zukunftspläne – Das Zukunftspaket (das-zukunftspaket.de) oder bei DKJS-Programmen wie Jugend bewegt Kommune, Hoch vom Sofa oder Mit Mut in die Zukunft.
Wirklogik
Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung ermöglicht jungen Menschen echte und nachhaltige Beteiligungs- und Demokratieerfahrungen, damit sie eine offene, demokratische Gesellschaft gestalten können.
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Kinder und Jugendliche fühlen sich häufig nicht gehört, sehen ihre Interessen vernachlässigt und sind kaum an sie betreffenden politischen Entscheidungen beteiligt (Andresen et al., 2022). Dies widerspricht der UN-Konvention über die Rechte des Kindes (Artikel 12, UNICEF, 2022). Bestehende Beteiligungs- und Engagementformate schaffen es bislang nicht, Kinder und Jugendliche aus allen Lebenslagen zu erreichen (Schnetzer/Hurrelmann, 2022).
Zugleich machen Kinder und Jugendliche einen immer kleiner werdenden Teil der Gesamtbevölkerung aus (Destatis, 2024) und wachsen in einer Zeit auf, die von multiplen Krisen und anti-demokratischen Tendenzen geprägt ist. Dies zeigt sich u. a. in dem Erstarken rechtspopulistischer Parteien (Deutscher Bundestag, 2024).
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In diesem Handlungsfeld zielt unsere Arbeit darauf, junge Menschen aus unterschiedlichen Lebenslagen zu motivieren, zu befähigen und zu inspirieren, eine diverse, offene und demokratische Gesellschaft mitzugestalten. Dafür schafft die DKJS diversitätsorientierte und altersgerechte Beteiligungs- und Engagementmöglichkeiten für alle jungen Menschen und baut die Demokratiebildung aus. Einbezogen werden dabei pädagogische Fachkräfte sowie Akteur:innen aus Verwaltung, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik mit ein, um Strukturen nachhaltig zu verankern und jungen Menschen echte Beteiligungs- und Demokratieerfahrungen zu ermöglichen.
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In 14 Programmen schafft die DKJS 2023 Beteiligungs- und Engagementmöglichkeiten für junge Menschen und fördert die Demokratiebildung. Programme im Bereich Beteiligung schaffen Mitsprache- und Mitbestimmungsmöglichkeiten für junge Menschen u. a. in Kommunen und Schulen. Programme im Bereich Engagement sind beispielsweise an den Freiwilligendiensten angesiedelt. Andere Programme sichern gezielt die Qualität der Demokratiebildung oder setzen sich für Antidiskriminierung und Diversität ein.
In 14 Programmen werden verschiedene Aktivitäten umgesetzt – 2023 waren es 4.281.
- Für junge Menschen schaffen die Programme in erster Linie Beteiligungs- und Engagementmöglichkeiten. Dahinter verbergen sich z. B. Kinder- und Jugendprojekte, in denen junge Menschen Projekte planen und umsetzen. Dabei werden sie in einem definierten Rahmen von Erwachsenen begleitet und unterstützt. Zudem gibt es Formate, um die Perspektiven junger Menschen systematisch aufzunehmen. Dazu zählen Kinder- und Jugendhearings und Befragungen.
- Für pädagogische Fach- und Lehrkräfte schaffen die Programme Qualifizierungs- und Beratungsangebote. Dort geht es besonders darum, Erwachsene für die Themen Beteiligung, Engagement und Demokratiebildung zu sensibilisieren und zu qualifizieren.
- Personen aus Politik und kommunaler Verwaltung werden aktiv in die Beteiligungsaktivitäten einbezogen. Dadurch verstehen sie die Interessen junger Menschen und berücksichtigen sie in ihren Entscheidungen. Durch die praktische Erfahrung werden sie von dem Mehrwert von Kinder- und Jugendbeteiligung überzeugt und schaffen entsprechende Rahmenbedingungen.
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Kernzielgruppe in diesem Handlungsfeld sind Kinder und Jugendliche. Mit den 4.281 Aktivitäten wurden 2023 162.128 junge Menschen erreicht – die meisten über die Förderung beteiligungsorientierter Jugendprojekte.
Darüber hinaus wurden 3.450 Erwachsene erreicht. Den größten Teil der erreichten Erwachsenen machen Beschäftigte in der Kinder- und Jugendarbeit aus. Beschäftigte der schulischen Bildung sind mit einem Viertel ebenfalls eine relevante Zielgruppe im Handlungsfeld. Hinzu kommen Fachberater:innen, z.B. von Kita-Trägern, und Personen aus der Kommunalverwaltung oder Landesministerien – diese machen ein Fünftel der erreichten Erwachsenen aus.
Ausblick
Wenn wir in einer gerechten, demokratischen und vielfältigen Gesellschaft leben wollen, brauchen wir die Beteiligung möglichst vieler Menschen – vor allem auch der jungen Generation. Wir wollen uns in Zukunft noch wirksamer dafür einsetzen, dass wirklich alle jungen Menschen sich einbringen und beteiligen können.
„Auch die, die sonst meist am Rand bleiben, die in Risikolagen aufwachsen oder durch andere Hürden ausgeschlossen werden, wollen wir befähigen und motivieren, sich zu beteiligen.“
Peggy Eckert
DKJS-Expertin Demokratiebildung

Peggy Eckert
Demokratiebildung
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